Thursday, December 25, 2025
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Costa: HSV-Transfers „sind nicht vom Himmel gefallen“ – Win-win-win-Situation bei Vuskovic

Sportdirektor im Interview 

©IMAGO

Zum Jahresausklang blicken wir zurück auf einige unserer Interview-Highlights des Jahres 2025. Im Oktober veröffentlichten wir unser Gespräch mit HSV-Manager Claus Costa.

„Sechsmal probiert, sechsmal ist nichts passiert. Nach vielen Dramen lässt der Fußballgott 2025 aber Milde walten und den Hamburger SV endlich zurück in die Bundesliga“, leitete Transfermarkt seine im Mai veröffentlichte XXL-Chronik ein. Claus Costa erlebte den Wahnsinn seit dem zweiten Anlauf mit und drehte an vielen Stellschrauben. Der HSV-Sportdirektor spricht im ersten Teil des TM-Interviews über Frust nach verpassten Aufstiegen, Überzeugung nach dem großen Kader-Umbruch, die späten Top-Transfers Luka Vuskovic, Fábio Vieira und Albert Sambi Lokonga sowie den engen Austausch mit Tottenham Hotspur.

Transfermarkt: Herr Costa, Sie fingen 2019 als Chefscout beim HSV an und sind mittlerweile Sportdirektor. Wie viele graue Haare haben Sie seit Beginn gezählt?

Claus Costa: (lacht) Ich versuche, viel Sport zu machen, mich gut zu ernähren und ein bisschen zu schlafen. Nein, ernsthaft: Es war eine brutal intensive und herausfordernde, aber auch tolle und lehrreiche Zeit. Ich bin stolz und glücklich, dass ich schon so lange für diesen Verein arbeiten darf. Ich fahre jeden Tag total gerne hierher. Es macht maximal Bock, mit der Geschäftsstelle und dem Trainerteam zu arbeiten. Mit vielen von ihnen bin ich einen großen Teil dieses langjährigen Weges gemeinsam gegangen.

Transfermarkt: Im Sommer hatten Sie sicher mal Zeit, die Geschehnisse rund um den langersehnten Bundesliga-Aufstieg und die letzten Jahre sacken zu lassen. Gibt es diesen einen Moment, an den Sie im stillen Kämmerlein besonders gern zurückdenken?

Costa: Beim „Sackenlassen“ befinde ich mich noch immer im Prozess, weil die Transferphase im Prinzip nach dem Aufstiegsspiel gegen Ulm begann. Wir hatten das erste Mal Klarheit für die Bundesliga. Wir waren sehr leidgeprüft im zweigleisigen Planen. Es war natürlich so, dass wir diesen Vorsprung für uns nutzen wollten. Deswegen gab es gar nicht die Zeit, sich mal länger zurückzuziehen. Aber wenn ich an einen Moment zurückdenke, war es die letzte Viertelstunde gegen Ulm, als man das Fußballspiel in Ruhe anschauen konnte – sowas kommt selten vor. Als ich mich im Stadion umsah, gingen mir viele Gedanken der letzten Jahre durch den Kopf. Das war besonders.

HSV-Sportdirektor Costa spricht über seine Emotionen nach dem Aufstieg

Transfermarkt: War im Anschluss auch Genugtuung dabei? Getreu dem Motto: Seht her, alles können wir in den letzten Jahren dann doch nicht falsch gemacht haben!?

Costa: Das wäre mir zu negativ behaftet. Ich würde von Belohnung sprechen für das, was wir investiert haben. Und vor allem war es Freude für die Menschen, die diesen Weg mitgegangen sind, unsere Fans, all diejenigen, die die vielen Nackenschläge miterlebt haben. In meiner Rolle habe ich großen Einfluss auf sportliche Entscheidungen, deswegen fühle ich mich verantwortlich dafür. Damit wir das, was wir tun, in der Bundesliga machen dürfen.

10. Mai 2025: Das Volksparkstadion gleicht nach dem geglückten Aufstieg des HSV im siebten Anlauf einem Tollhaus – die Fans haben den Platz gestürmt

Transfermarkt: Sie haben mehrere missglückte Aufstiegsversuche mitbegleitet. Gab es zwischenzeitlich nicht mal den Gedanken: Wenn es dieses Mal wieder nichts wird, klappt es wohl gar nicht mehr!?

Costa: Ich würde lügen, wenn ich sage, dass das nichts mit mir gemacht hat oder dass es keinen Moment mit extremer Frustration gab. Aber wir können im Team immer dafür sorgen, dass wir mit einer sauberen Analyse aus Fehlern lernen, um es besser zu machen. Das war unser Anker, damit wir wieder positiv vorneweg marschieren. Ich habe diesen Job immer als Privileg, Riesenherausforderung, Chance und Verantwortung gesehen. Als ich damals als Scout bei Bayer 04 Leverkusen anfing, war es mein Antrieb, als geringfügig Beschäftigter vielleicht einen Prozent Anteil daran zu haben, dass ein Spieler verpflichtet wird.

Transfermarkt: Die Hamburger Aufstiegseuphorie erhielt vor dem ersten Bundesligaspiel seit sieben Jahren einen deutlichen Knacks – zu ruckelig lief die Vorbereitung, das Kaderpuzzle war noch nicht vollendet. Hand aufs Herz: Wie groß war Ihre Anspannung, gerade nach den ersten Rückschlägen gegen den FC St. Pauli und FC Bayern?

Costa: Wir hatten uns bewusst für diesen Weg entschieden. Es war uns immer bewusst, dass es Zeit benötigt, wenn man einen so großen Umbruch in der Mannschaft vollzieht. Wir hatten und haben Überzeugung und Zuversicht in den Prozess. Dass das Derby gegen St. Pauli nicht gut war, haben wir alle so gesehen. Aber das Trainerteam hat schon vorher sehr klar analysiert, warum wir noch nicht da waren, wo wir hinwollen.

Bewertung der HSV-Transfers Vuskovic, Vieira & Lokonga: Costa ist vorsichtig

Transfermarkt: In der letzten Transferwoche schüttelten Sie mit dem Verteidigertalent Luka Vuskovic und dem spielstarken Mittelfeld-Duo Fábio Vieira und Albert Sambi Lokonga vom FC Arsenal drei Asse aus dem Ärmel. Waren das die besten Deals Ihrer HSV-Zeit?

Costa: Als Sportdirektor habe ich natürlich einen sehr großen Einfluss auf die Umsetzung von Transfers, aber wir entscheiden gemeinschaftlich. Mit solchen Bewertungen bin ich ohnehin ganz vorsichtig, das ist mir für alle Transfers viel zu früh. Es fällt mir zudem schwer, meine gesamte HSV-Zeit Revue passieren zu lassen, weil ich mich in unterschiedlichen Rollen befand und der Bedarf nach Verstärkungen unterschiedlich definiert war. Aber wir sind natürlich froh darüber, dass uns diese drei Transfers geglückt sind. Die sind allerdings nicht vom Himmel gefallen, das waren keine Zufallstreffer – dahinter steckt viel Arbeit vor allem von unserem Chefscout Sebastian Dirscherl und der Scoutingabteilung, den Juristen und natürlich Stefan (Sportvorstand Kuntz; d. Red.).

Transfermarkt: Für jeden Wunschspieler haben Klubs Alternativen in der Hinterhand. Falls Plan A nicht klappt, braucht es Plan B oder C. Bei Fabian Rieder und William Bøving gingen Sie zum Beispiel leer aus, wie Sportvorstand Stefan Kuntz bestätigte.

Costa: Das ist der größte Spagat für alle, die in die Kaderplanung involviert sind. Du willst frühzeitig Planungssicherheit. In der Wunschvorstellung hast du zum ersten Trainingstag den Kader fertig. Die Realität ist komplett anders. Der Markt gibt das teilweise vor. Wir sind im Sommer zwölfmal zu der vollen Überzeugung gelangt: Dieser Spieler ist für uns die beste Option und es ist jetzt der richtige Zeitpunkt, diese Option umzusetzen. Das würde ich rückblickend bei jedem einzelnen Spieler genauso wieder machen. Wenn wir diese Überzeugung nicht gehabt hätten, hätten wir das nicht getan. Bei Nicolai Remberg beispielsweise haben wir früh die Ausstiegsklausel gezogen. Wenn er keine Wunschlösung gewesen wäre, hätten wir sagen können: Wir haben noch zwölf Wochen Zeit, das machen wir erstmal nicht.

Transfermarkt: Der Transfermarkt ist so kurz vor der Frist für Außenstehende unberechenbar. Wie groß war Ihre Sorge, nach dem Deadline Day plötzlich mit leeren Händen für die noch offenen Baustellen dazustehen?

Costa: Die Erfahrung und Kommunikation machen es aus, um einschätzen zu können: Was ist realistisch und was ein Luftschloss? Ich glaube, dafür haben wir ein gutes Gespür entwickelt, auch wenn wir uns in der Bundesliga in einem höheren Regal annähern mussten. Während einer Transferphase gibt es Momente, wo du umswitchen musst, weil etwas nicht funktionieren könnte. Du musst das Heft des Handelns trotzdem in der Hand behalten. Es gab Themen, bei denen wir gesagt haben: Okay, bis hierhin, aber nicht weiter! Die Alternative muss nicht unbedingt immer Plan B sein, weil im Laufe des Transferfensters andere Optionen aufgehen, die sich vorher nicht ergeben haben.

Holt Tottenham Vuskovic frühzeitig zurück? Costa gibt Auskunft

Transfermarkt: Gibt es den Hauch einer Chance, den ohne Kaufoption von Tottenham geliehenen Vuskovic länger als ein Jahr halten zu können? Bisher erweist sich diese Verbindung als Perfect Match.

Costa: Das Thema Luka Vuskovic hat uns über den Sommer hinweg begleitet. Wir hatten immer die klare Intention, ihn zu verpflichten – und er hat sich relativ früh zu uns bekannt. Wir wollten Tottenham Luka nicht wegnehmen und stattdessen eine Win-win-win-Situation kreieren. Wir helfen Tottenham, Luka hilft uns und wir alle helfen ihm. Er spielt sehr überzeugend, hat eine super Ausstrahlung und gibt uns sehr viel. Wir sind froh, dass er da ist. Es ist gerade Oktober, bis Mai kann noch so vieles passieren, es gibt viele Variablen. Stand jetzt gibt es vertraglich keine Chance. Wenn wir das, was wir bisher gesehen haben, als Grundlage nehmen, würden wir ihn gerne länger behalten – auf jeden Fall. Wir hätten ganz sicher nichts dagegen. Die Frage ist, wie wir ins Ziel kommen, was der Plan von Tottenham ist und wie Lukas Saison verläuft. Aber das ist ein absoluter Blick in die Glaskugel und Stand heute nullkommanull zu bewerten.

HSV-Leihverteidiger Luka Vuskovic (r.), Bruder des bis Ende 2026 dopinggesperrten Mario Vuskovic, jubelt mit Flügelstürmer Jean-Luc Dompé

Transfermarkt: Wenn es ganz blöd läuft, soll Tottenham ihn schon im Winter zurückholen können. Laut „Bild“ könnte eine Klausel greifen, wenn sich mehrere Verteidiger bei den Londonern schwer verletzen.

Costa: Wir hatten sehr konstruktive Gespräche mit Tottenham, das ist ein top-professioneller Verein, wenn ich an die Kommunikation mit Loan Manager Andy Scoulding denke. Sie begleiten den Spieler eng, daran merkt man, wie sie Luka einschätzen. Tottenham ist nicht daran interessiert, uns zu schwächen oder die Leihe kaputtzumachen. Dass sie versuchen, sich für mögliche Worst-Case-Szenarien abzusichern, ist nachvollziehbar. Ansonsten möchte ich das nicht näher kommentieren. Ich glaube, dass Tottenham auch weiß, wie gut die Situation hier für Luka ist. Deswegen hoffe ich, dass wir überhaupt gar nicht erst in die Lage kommen, über etwas anderes nachzudenken.

Transfermarkt: In der Vergangenheit hat der HSV für Neuzugänge auch mal an der falschen Stelle zu tief in die Tasche gegriffen. Der mit einem Marktwert von 8 Millionen Euro in der TM-Datenbank gelistete Lokonga konnten Sie für lediglich 300.000 Euro Ablöse am letzten Transfertag loseisen. Wie haben Sie das angestellt?

Costa: Die genauen Zahlen kommentiere ich natürlich nicht. (schmunzelt) Auch wenn Sambi erst am letzten Tag kam, war diese Personalie länger vorbereitet und keine kurzfristige Marktchance. Es war klar, dass wir ihn gerne verpflichten wollen. Mit Sambi waren wir schon lange im Austausch, unsere Priorität mit Blick auf unser Budget war es aber zunächst, noch einen Innenverteidiger und einen Kreativspieler für die Offensive zu verpflichten. Wir mussten das Gesamtkonstrukt im Auge behalten und haben am Ende mit Arsenal eine gute Lösung gefunden. Die Abwägung war, wann dieser Transfer zu für uns darstellbaren Konditionen umsetzbar ist. Wenn der Spieler in seinem Verein keine wesentliche Rolle mehr spielt, ist die Bereitschaft am Ende des Transferfensters vielleicht da, Kompromisse einzugehen und zu sagen: Wir sind damit einverstanden, dass er den Verein zu bestimmten Konditionen verlässt. Drei, vier Tage vor der Finalisierung gab es das klare Commitment: Der Transfer wird funktionieren.

Transfer am Deadline Day: HSV musste sich bei Arsenals Vieira beeilen

Transfermarkt: Wie eng wurde es am Deadline Day im Fall Vieira?

Costa: Bei Fabio war es am Ende etwas zeitkritischer. Es ging eine Tür auf, durch die man nicht früher hätte gehen können. Wir mussten sehr schnell und sehr unbürokratisch agieren. Aber wir konnten uns darauf verlassen, dass wir den Spieler aus der Vergangenheit sehr gut kannten und eigentlich nur auffrischen mussten, was bei ihm in den letzten ein, zwei Jahren los war.

Der HSV überraschte kurz vor Transferschluss mit der Verpflichtung von Spielgestalter Fábio Vieira, der beim FC Arsenal nicht mehr zum Zug gekommen war. Der Portugiese ist der zweitwertvollste Neuzugang der Vereinsgeschichte

Transfermarkt: Dem Vernehmen nach kann der HSV Vieira nach der Saison für mehr als 20 Millionen Euro Ablöse dauerhaft an sich binden. Ist das überhaupt realistisch oder wäre eine Festverpflichtung nur im Rahmen eines direkten Weiterverkaufs mit Gewinn denkbar?

Costa: Über Vertragsinhalte möchte ich nicht sprechen. Aber Verträge sind immer auch dazu da, den Worst Case und den Best Case abzudecken, damit alle Varianten auf dem Papier stehen. Es gibt mehrere Szenarien und es ist immer gut, Möglichkeiten zu haben, die für beide Parteien vorher feststehen. Aber das ist nur die Grundlage und wieder ein Blick in die Glaskugel. Wir sollten gutes Erwartungsmanagement betreiben.

Interview: Philipp Marquardt

Hier geht es zu Teil 2: HSV-Sportdirektor Claus Costa spricht über den unglücklichen Start von Neuzugang Yussuf Poulsen, den geplatzten Nizza-Transfer von Ransford Königsdörffer und verrät, was ihm in der Beurteilung der Leihe von Torwart Daniel Peretz zu kurz kommt. Zudem äußert sich der 41-Jährige über den „beeindruckenden“ Trainer Merlin Polzin und das Scheitern von dessen Vorgänger Steffen Baumgart.

Preuzeto uz navođenje izvora: www.transfermarkt.de

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